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Noch Zweifel an der Realität von VUCA?

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

VUCA ist real

Sicher hat es inzwischen jeder wahrgenommen. Die Zeiten werden unsicherer. Aber nicht jeder sieht dahinter das Akronym „VUCA“. Vielleicht auch, weil dieses Akronym noch nicht jedermann geläufig ist.  Letzte Zweifel an der Realität der VUCA-Elemente dürften dennoch auch außerhalb der Wirtschaft inzwischen akzeptiert sein. Allein der Umgang mit der Realität von VUCA macht vielen noch zu schaffen. In der Wirtschaft, mehr aber  auch in Gesellschaft und Politik.

Wenn wir Neues und Überraschendes beobachten, sind wir es gewohnt, Fragen zu stellen. Selbstverständlich erwarten wir auf diese Fragen einfache und nachvollziehbare Antworten: „Hallo Wissenschaft, hallo Politik, bitte erklär mir die Welt.“

„Hallo Wissenschaft, hallo Politik, bitte erklär mir die Welt.“

Die Forderung nach der „Erklär-Maus“

Uns fehlt die gute alte „Erklär-Maus“ aus dem Fernsehen. Die Existenz korrekter und dennoch einfacher Antworten auf komplexe Fragen ist jedoch sehr unwahrscheinlich, ebenso wenig wie stabile Entscheidungen in Situationen, die sich ständig verändern, oder klare eindeutige Interpretationen auf mehrdeutige Indikationen. Das müssen wir akzeptieren und verstehen.

Wer auf Fragen zu volatilen und komplexen Themen die gewünscht einfachen Antworten, Interpretationen und Entscheidungsvorschläge liefert, ist nur selten seriös. Dessen sollten wir uns bewusst sein, wenn wir Gruppen wahrnehmen, die genau dieses gerne tun. Und wir sollten uns fragen, welche Intensionen sie mit diesen Antworten verbinden. Dennoch sind Entscheidungen und Erklärungen notwendig. Wir müssen die zugrundeliegenden Unsicherheiten und damit die Wahrscheinlichkeit von Korrekturen akzeptieren. Um genau zu sein, zeigt die Bereitschaft zu fortlaufenden Korrekturen von Erklärungen und Entscheidungen sogar die Seriosität der Quellen auf, auch wenn wir dieses als anstrengend empfinden.

Nachdem vor gut 2 Jahren Corona unsere Welt und Wirtschaft über Nacht mit ganz neuen und unerwarteten Anforderungen überrollt hat, folgte nun das Auftreten eines Krieges im Herzen Europas. Beides war sicherlich nie ausgeschlossen. Die Mediziner und die Historiker haben aber immer gesagt, dass die richtige Frage nicht „Ob“, sondern „Wann“ hieße.

Allein unsere Hoffnung auf das Ausbleiben solcher Ereignisse war stabil und dominierend. Und je länger wir erfolgreich darin waren, den angenehmen Status Quo zu erhalten, als desto unwahrscheinlicher wurde das Eintreten solcher Ereignisse wahrgenommen. Aber nicht nur Katastrophen sind Aktoren für VUCA. Beispielsweise lösen auch werteverändernde Menschen, wie Greta Thunberg, die mit Vehemenz viel mediale Aufmerksamkeit erreichte, grundsätzliche Veränderungen aus und schaffen nachhaltig neue Anforderungen an unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Auch solches sind, ebenso wie neue Technologien oder Geschäftsmodelle und vieles andere mehr, Faktoren, die die zunehmende Volatilität und Disruptivität unserer Welt befeuern.

VUCA als Realität

VUCA als Beschreibung der Realität in unserer Welt ist nicht neu. Seit Mitte der neunziger Jahre wurde in weiten Teilen der Wirtschaft und zunehmend auch in der Gesellschaft der VUCA-Effekt diskutiert und zunehmend akzeptiert. Allerdings ist die Frage „Wie denn damit umgehen“, eine Frage, die wir erst meist beim Eintreten solcher Ereignisse versuchen können, zu beantworten. (Wer zum Thema der unwahrscheinlichen Ereignisse ein empfehlenswertes Buch lesen möchte, dem empfehle ich meine Rezension zum schwarzen Schwan von Nicholas Taleb) VUCA beschreibt vier Aspekte, die unsere Umwelt zunehmend prägen:
    • Volatilität: Die Disruptivität, die Dynamik und das Tempo von Veränderungen nehmen zu. Technische und gesellschaftliche Trends wie die Digitalisierung, die Globalisierung und die Informationslawine durch das World-wide-Web verstärken Ursachen und Reaktionen
    • Unsicherheit: Obwohl, oder weil die Menge der verfügbaren Informationen zunimmt, nimmt die Verlässlichkeit der Informationen ab. Welche Information ist echt, welche bewusst falsch gestreut und aus welchen Korrelationen werden Kausalitäten konstruiert? Die Unsicherheit über die Qualität der Informationen macht es schwer sinnvolle Prognosen zu treffen.
    • Komplexität : Immer mehr Prozesse beeinflussen sich gegenseitig und oft nicht vorhersehbar. Der Ausfall der Lieferfähigkeit eines niederwertigen Produktes kann heute gesamtwirtschaftliche Auswirkungen auslösen. Oft ist noch nicht einmal die Verfügbarkeit des Produktes notwendig, es reichen Verzögerungen in der Liefergeschwindigkeit.
    • Ambiguität (Mehrdeutigkeit): Die Wahrnehmung einer Indikation oder eines Faktums ist vielfältig interpretierbar. Die Kombination mit dem eigenen Wissen und den eigenen Erfahrungen kann zu sehr unterschiedlichen Verständnissen darüberführen, was die Indikation bedeutet oder das Faktum aussagt.

    Wir hatten nie mehr Möglichkeiten uns zu informieren. Seit den Kriegen gegen den Irak ist die Presse immer an vorderster Front präsent. Neben Reportern berichten auch viele andere Menschen aus Regionen, in denen Krieg herrscht oder Naturkatastrophen eingetreten sind. Über ihre Handys übertragen sie Bilder, kurze Filme und ihre Wahrnehmungen in Form von Berichten zu dem, was vor Ort passiert. Wir sind live dabei. Auch die Atomunfälle in Fukushima gingen live um die Welt. Waren, oder sind wir nun besser informiert? Zunächst einmal ja. Verstehen wir die Lage vor Ort besser? Können wir die Situation dadurch besser einschätzen und beeinflussen? Daran sind Zweifel angebracht. Sind wir plötzlich kompetenter bzgl. der Wechselwirkungen in komplexen Systemen? Ich denke, dass wir hier noch viel zu lernen haben.

    Auch über Corona wurden wir jeden Tag mehrfach informiert, über die Entwicklung und die neuesten Maßnahmen ebenso wie über die Fortschritte der medizinischen Forschung. Hat es dazu geführt, dass wir uns einheitlich sinnvoll verhalten haben? In der Mehrheit wahrscheinlich ja, leider war aber die Minderheit trotzdem signifikant hoch. Und leider nimmt dabei auch die Anzahl selbsternannter Experten zu, die überraschenderweise im Nachhinein immer besser wissen, was man vorher hätte anders machen sollen und daraus den Vorwurf der Inkompentenz gegenüber denjenigen konstruieren, die das „im Nachhinein“ nicht erst abgewartet, sondern gehandelt haben.
  • Wir sind in einer Welt angekommen, die sich ständig und schnell verändert und bisher gibt es nur wenige Ansätze damit umzugehen. Kaum ein Geschäftsführer kann heute verlässlich voraussagen, wie sein geschäftliches Umfeld in 6 Monaten oder in 2 Jahren aussieht.
  • Der Umgang mit VUCA

    Ereignisse wie Corona, Fukushima oder der Ukrainekrieg zeigen auf, dass das VUCA-Modell alles andere als eine graue Theorie ist. Wir leben heute in einer Zeit, die ständigen Veränderungen unterworfen ist.

    Obwohl diese Entwicklung nicht neu ist, sondern sich über viele Jahre entwickelt hat, fehlen uns in der Breite heute noch die Ideen und Erfahrungen damit umzugehen. Wir hatten uns im Gegensatz dazu sogar die Illusion einer unerschütterlichen Stabilität in Wohlstand geschaffen. Nun ist diese Illusion erschüttert und so entstehen Ängste in Gesellschaft und Wirtschaft. Entscheider in den Unternehmen sind davon nicht ausgenommen. Bleibt die wirtschaftliche Situation meines Unternehmens stabil? Werden unsere Mitarbeiter dem Unternehmen treu bleiben? Sind diese auch im nächsten Jahr in der Lage das Geschäft abzuwickeln? Brauchen wir zusätzliches Personal und ist dieses überhaupt verfügbar? Oder werden wir im nächsten Jahr noch alle Mitarbeiter auslasten können? Wie steht es um meine Lieferanten? In meinem nächsten Blog werde ich mich der Frage zuwenden, welche Auswirkungen VUCA auf die Profession Projekte zu leiten hat. Wie beurteilen Sie die Situation, wie sind Ihre Erfahrungen mit VUCA und wie sehen Ihre Ansätze aus, diesem gerecht zu werden?
  • Bitte sprechen Sie mich an, gerne auch zu konkreten Fragen Ihres Unternehmens zu diesem Thema. Kontakt

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